Sonntag, 18. Oktober 2015

‏ Marrakeshمراكش

Ende September: Jede Faser meines Körpers schreit nach Urlaub!!! Kaum zu fassen, wie schnell so ein Jahr vergehen kann. Keine Zeit und kein Geld für ausgeklügelte Urlaubspläne, also schlage ich meinem Liebsten vor, einfach mit gepackten Koffern zum Flughafen zu fahren. Die Vorstellung, dass ausgerechnet ICH für eine Reise ins Unbekannte mit nur EINEM Koffer auskommen soll, löst dann aber bei uns Beiden einen spontanen Lachkrampf aus. Spätestens als unser Reiseziel, Marrakesch, gebucht ist, wird klar: Ich muss mit einem RIESIGEN, leeren Koffer reisen :))!!! Ich stelle mir alles wie im Märchenbuch vor, eine orientalische Welt, voll intensiver Gerüche, Farben, Mustern, Schlangenbeschwörern, Bauchtänzerinnen und opulentem Essen. 

Die ersten 3 Tage in Marrakesch sind verrückt, wir sind vollkommen geflasht von den vielen, fremden Eindrücken. Die Stadt ist schön und schrecklich zugleich! Es ist laut, dreckig, staubig, bunt und voller Gegensätze. Von Märchenbuch auf den ersten Blick keine Spur ... der Tourismus überschwemmt alles. In den engen Gassen und Souks der beiden alten Stadtteile (Nord- und Südmedina) vermischt sich alles miteinander: Schlechte und gute Gerüche, Armut, Tourismus, ein Überfluss von Waren und Lebensmitteln, Tieren, Menschen. Ich überlasse das Navigieren dankbar meinem Liebsten und tauche ab in meine eigene kleine Fotosafari, auf der Suche nach dem verlorenen Märchen ;)! 

Wir starten unseren Tag jeden Morgen mit einem frisch gepressten Orangensaft auf dem "Djemaa El Fna" (La Place) und lassen uns durch die engen Gassen treiben. Abends verwandelt sich der Platz in einen kulinarischen Dschungel. Unzählige Köche braten Fleischgerichte an ihren Ständen, Schnecken brodeln in großen Töpfen über Feuerstellen, große Dampfwolken steigen nach oben, der starke Geruch von Gewürzen und Holzkohle leiten einen schon aus der Ferne hierher. Künstler, Schlangenbeschwörer, Affenbändiger, Einheimische und Touristen tummeln sich gleichermaßen auf dem Platz. Wären da nicht die fleissigen Händler und (Hilfs-) Köche die einen beinahe körperlich nötigen, Waren, Lebensmittel und Drogen zu konsumieren, könnte dieser Ort schon ein kleiner Teil meines Märchens sein ;)! Ich überlege die Schnecken zu probieren, kann mich, nachdem uns ganze Schafsköpfe, Gehirne u. Innereien angepriesen wurden aber nur zu einer Harira (Suppe aus Linsen und Kichererbsen ) und Couscous mit Gemüse überwinden. Man sollte hier aber unbedingt einmal gegessen haben, es ist ein echtes "Abenteuer". 

Um dem Trubel der Stadt zu entkommen, kann man sich jederzeit auf eine der schönen Dachterrassen flüchten. Die meisten Cafés haben einen richtig tollen Ausblick über die Stadt oder auf einen der Plätze, die plötzlich am Ende einer der endlosen Gassen auftauchen. Überall bekommt man den typisch marokkanischen Minztee (eine Mischung aus grünem Tee und Nana-Minze mit viel Zucker), ich trinke lieber NosNos (ein kleiner, starker Milchkaffee). Süßes Gebäck, Datteln und Nüsse bekommt man an jeder Ecke an den üppig dekorierten Marktständen und Bäckereien.

Kulinarisch ist Marrakesch also auf jeden Fall eine Reise wert! Neben den tollen, kleinen Cafés, Marktständen und Bäckereien gibt es, mitten in den Souks, auch einige wirklich gute Restaurants. Wir essen uns durch (fast alle) marokkanischen Nationalgerichte: Marokkanischer Salat (in Öl eingelegtes und gewürztes Gemüse), Tajine & Couscous (würziger Eintopf, meistens mit Fleisch, gegart in einem speziellen Lehmtopf) in hundert Variationen. Pastilla (herzhaft, süße Blätterteigpastete) lassen wir lieber aus, als wir erfahren, dass sie mit Taubenfleisch gefüllt werden :-/!

Großartig essen kann man, übrigens auch in unserem kleinen Riad Yamsara http://www.yamsara.com/entree_ang.htm 
An unserem letzten Abend bekommen wir hier ein Menü wie aus dem Schlaraffenland aufgetischt. 

Das Riad ist unsere Oase der Ruhe und Gemütlichkeit. Es liegt mitten in der quirligen Südmedina, versteckt sich aber gleichzeitig ganz geschickt in einer der kleinen Gassen. Der Moment, als wir nach der Anreise durch eine große Holztür treten und plötzlich in einem herrlich ruhigen und angenehm kühlen Innenhof stehen ...  unbeschreiblich :)!

Der (fast) leere Koffer macht sich am Ende der Reise noch bezahlt. An jeder Ecke gibt es Leder-Accessoires, Schmuck, Gewürze und Arganöl im Überfluss. Wir shoppen bis uns schwindelig wird! 

An unserem vorletzten Tag fahren wir nach Essaouira, einer Hafenstadt an der marokkanischen Atlantikküste. Absolut empfehlenswert zum ausspannen und bummeln. Man hat das Gefühl hier dreht sich die Welt nur halb so schnell wie im quirligen Marrakesch. Mit dem Taxi sind es ca. 2,5 Std., etwa auf halber Strecke gibt es ein lustiges Fotomotiv:  "Die fliegenden Ziegen" https://instagram.com/p/86jDSvQf68/ da es die Argan-Bäume tatsächlich nur hier im Südwesten von Marrakesch vorkommen, lohnt der Zwischenstopp. 

Insgesamt ist Marrakesch immer noch ein spannendes Reiseziel, auch wenn von dem Zauber, den es hier mal gegeben haben muss, vieles nicht mehr so authentisch wirkt wie es bestimmt vor langer Zeit einmal war.